Auf den zweiten Blick erschließt sich die verborgene Symbolik
Ausstellung: Moselkerner Künstlerin präsentiert einige ihrer eigenwilligen Werke im Berliner Kunsthaus.
von unserer Mitarbeiterin Ursula Augustin

Die Moselkerner Künstlerin Cornelia Kemper-Herlet stellt zur Zeit mit großem Erfolg in dem Berliner Kunsthaus aus, das dem berühmten Hotel Adlon, Unter den Linden, angegliedert ist. Sie zeigt eine Auswahl ihrer Malerei und Objekte. Den Besuchern gefällt vor allem die eigenwillige Mischung von Abstraktem und Figürlichem und die verborgene Symbolträchtigkeit ihrer Bilder, die sich bei längerem Betrachten enthüllt. Symbolische Zeichen als Methaphern kehren immer wieder. Leitern zum Beispiel – erinnert sei an die Himmelsleiter oder Jakobsleiter als Sinnbild für das Aufwärtsstreben, als Streben zu Höherem – sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Als mythisches Zeichen waren aufeinanderfolgende Sprossen von Alters her schon Sinnbild für spirituelle Entwicklung. Brücken als Verbindung führen in Neues, Unbekanntes. Boote und Schiffe stehen für Reisen, Aufbruch. Wasser ist ein ambivalentes Element; es kann schöpferisch, Leben spendend oder bedrohlich, tödlich sein. All diese Zeichen bedeuten Entwicklung, wobei es die Entwicklung zum Guten oder Schlechten sein kann.
Wie sich im ganzen Universum immer zwei gegensätzliche Pole gegenüberstehen und sich auch die menschliche Erfahrungswelt nach dem dualistischen Prinzip gestaltet, finden sich in den Bildern von Kemper-Herlet die Gegensätzlichkeiten wie zum Beispiel hell-dunkel, ruhig-unruhig und statisch-dynamisch. Die Gegensätzlichkeiten ergänzen einander, eins ist ohne das andere nicht denkbar. Der absolute Dualismus ist der von Leben und Tod, die uabdingbar zusammengehören.
Der Schaffensprozess von Cornelia Kemper-Herlet speist sich aus Realem, Gesehenem und dem Unbewußten. So fließen viele Elemente in ihre Bilder ein, die nicht aus dem rationalen Planen kommen, sondern während der schöpferischen Arbeit sich „wie von selbst„ aus dem Inneren einstellen. Die beiden Pole Inneres und Äußeres schaffen auch die Dualität von Geistigem und Stofflichem, von Transzendentem, Spirituellem und Irdischem, Erdhaftem.
Selbst wer die Symbolsprache nicht verstand, zeigte sich beeindruckt von der ästhetischen Aura der Kunstwerke von Cornelia Kemper-Herlet. Ihre Bilder sind zugleich ätherisch, zart und transparent und kraftvoll, dramatisch. Mit reduzierten Mitteln und sparsam in der Farbgebung strahlen sie eine meditative Ruhe aus. Wenn man sich der Ruhe hingibt, erschließen sich die Bilder von allein.

Die Objekte, aus banalen Alltagsgegenständen zusammengesetzt, wirken mit ihrem neuen Gesicht, als seien sie die Bildern entsprungen. In einer großen, von der Wilhelmstraße aus einsehbaren Vitrine dürften sie so manchen Passanten in die Ausstellung gelockt haben.
Cornelia Kemper-Herlet hat bis zum vergangenen Sommer am Gymnasium in Cochem Kunst unterrichtet. So sehr sie die kreative Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vermisst, so sehr freut es sie, nun mehr Zeit für ihre eigene künstlerische Tätigkeit zu haben. Die Ausstellung in Berlin ist noch bis zum 7. Januar zu sehen.

Artikel in der Rhein-Zeitung vom 2. 1. 2011