„Cornelia Kemper-Herlets zentrales Thema ist der Raum, der scheinbar grenzenlose, Lanschaftliches assoziirende Tiefenraum. Die Technik, Acryl, Gouache und Kreide auf Karton oder Holz, teiweise collagiert, ermöglicht ein ständiges Überarbeiten, Weiterarbeiten.
Malen ist hier ein Prozess des Entdeckens von Dingen und Räumen, aber auch ein Prozess des Zerstörens. Bilder werden übermalt, gedreht, beschnitten.
CKH erschafft durch Schichtungen einen diffusen Raum, in dem Dinghaftes auftaucht, zer- zaust und zerwirbelt wird, manchmal auch auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen des Bild- grundes verschwindet.
Die Elemente Luft, Erde, Wasser, Licht sind nicht von einander zu trennen. Sie verweben sich, durchdringen sich, spiegeln sich in sich. Keine Horizontlinie, keine Perspektive gibt räumliche Klarheit.
Alles scheint einerseits seine Materialität zu verlieren, auf der anderen Seite materialisiert sich gerade die Luft, bzw. die "Nichtfarbe" Weiß. Das Weiß vereist. Die Farbigkeit von Raum und Dingen scheint aus Reflexionen und Brechungen des Lichts zu resultieren; eher Farb- erscheinungen als wirkliche Lokalfarben - vielleicht alles Trugbilder des Auges.
CKH läßt Ahnungen in einem Lichtraum auftauchen.
Die Gegenstände in ihren teils dunstigen, teils kristallinen Räumen sind Metaphern, Arche- typen. Man glaubt Segel, Leitern, Türme zu erkennen, - mit einer gewissen Dichte aber ohne wirklichem Gewicht, Zeichenhaftes mit dem Duktus der informellen Malerei nieder- geschrieben, immer ohne greifbare Plastizität, ohne festen Stand, schwebend, sich trotz- dem in eine Raumillusion einfügend, Luftzeichen, die in ihrer ruhigen Präsenz, ihrer oft aufrechten Position etwas Sakrales haben und der Welt eines C. D. Friedrich gar nicht so ferne stehen.
Manchmal scheinen auch winzige Figürchen erkennbar, ausgeliefert einer Welt, in der der Raum das Aktive ist, das sich Bewegende.
Als kompositorisches Ordnungsprinzip haben wir häufig die Reihung oder Streuung, und zwar in gemessenen Abständen, Vereinzelungen mit viel Luft im Umfeld, wodurch trotz aller Dynamik des Raumes die Dinge eine gewisse meditative Ruhe bewahren.
Es gibt jedoch auch einige Bilder, in denen es hochdramatisch zugeht. Eine Welt zwischen düsterer Industrielandschaft und Apokalypse. Der Raum ist verstellt von formatsprengenden Gegenständen oder Figuren mit einer gefährlich großen Gestik.


Die Objekte von Cornelia Kemper-Herlet sind wie aus den Bildern entstiegen und von einer gewissen Schüchternheit, wohl mit der Erfahrung im Nacken, daß der Raum das Aktive ist und sie sich eher dünne zu machen haben.”

Textauszug aus der Laudatio von Uta Grün zur Ausstellungseröffnung am 23. 4. 2006 in der Galerie Kleine Kunstklause Koblenz.